Lieber Osama
„Lieber Osama, sie wollen dich tot oder lebendig, damit der Terror endlich aufhört. Obwohl, ich weiß nicht. Mit dem Rock’n’Roll war ja auch nicht Schluss, als Elvis auf dem Lokus starb, es wurde bloß schlimmer.“
Verlag: rororo - 300 Seiten - ISBN: 349800932X - Veröffentlichung: Juli 2006 - Originaltitel: Incendiary
Klappentext
Beim wichtigsten Fußballspiel des Jahres explodieren mitten im Londoner Arsenal-Stadion mehrere Bomben. Tausend Menschen sterben. Massenpanik. Paranoia. Die Stadt ist im Ausnahmezustand. Eine junge Frau verliert bei dem Terroranschlag ihren Mann und ihren Sohn. Nach wochenlangem Krankenhausaufenthalt und Schockzustand macht sie sich in einem Brief an Osama bin Laden persönlich Luft. Und sie lässt dabei nichts aus..
Meine Meinung
Gott sei Dank ist das Buch zu dem Zeitpunkt, als ich es
gelesen habe, nicht mehr ganz so brandaktuell, wie als es veröffentlicht wurde
und der Anschlag auf die Londoner U-Bahn stattfand. Und auch Osama
bin Laden, das personifizierte Böse, lebte noch, als Chris Cleave sein erstes
Buch veröffentlichte. Und was für eins..
Ich bin nur durch Zufall auf das Buch aufmerksam geworden und habe es mir einfach mal gekauft. So lag es einige Monate auf einem Stapel Bücher und beim
Koffer packen für den Urlaub hat es mich aus einem Bücherstapel heraus
angelacht und so musste ich es mitnehmen. Und was soll ich sagen?? Booooom!!
Das Buch ist eine Bom....ein Knaller. Es hat mich komplett aus den Schuhen
gehauen und völlig überrascht. Das liegt wahrscheinlich daran, dass ich erstens dachte,
dass das Buch unmittelbar nach 9/11 spielt und zweitens, dass ich dachte, dass es so ein
typischer Briefroman ist, in dem die Hauptfigur Briefe an jemanden schreibt
ohne jemals eine Antwort zu erhalten. Gut, Antworten erhält unsere „Heldin“
hier auch nicht, aber ein typischer Briefroman ist es dennoch nicht.
„Du meinst, du kennst den Dschihad? Aber ich sage dir, du
hast keine Ahnung, bis du mal erlebst, was passiert, wenn man Arsenal- und
Chelsea-Fans aufeinander loslässt.“
Die namenlose Hauptfigur, eine junge Mutter, wendet sich mit einem 300 Seiten dicken Brief direkt an
Osama Bin Laden. Ganz persönlich. Der Brief bildet einen Zeitraum von einem
Jahr nach dem Terroranschlag ab, bei dem ihr Sohn und ihr Mann gestorben sind. In
dem Brief wirft sie ihm allerhand vor und schildert welchen Lauf ihr Leben durch
Osamas Terror genommen hat. Immer schön duzend und mit bildlichen, alltäglichen
Beispielen. Wichtig ist natürlich, dass nur Osama Schuld an ihrer Situation
ist, niemand sonst. Schon gar nicht sie selbst.
Es ist bemerkenswert, wie Chris Cleave das Leben der Namenlosen und
ihr Handeln nach ihrem Verlust wiederspiegelt. Sie entwickelt sich persönlich
nach diesem harten Schlag weiter. Eine Weile scheint es sogar so, als gäbe es
ein Licht am Horizont..
„Der Blitz ist schnell vorbei, aber das Feuer frisst sich in
dich rein, und der Lärm hört nie auf. Du kannst dir die Ohren zuhalten, wie du
willst, aber der Lärm bleibt. Das Feuer tobt weiter mit wütender Macht und
unvorstellbaren Getöse. Und das Seltsamste: Die Leute, die neben dir in der
U-Bahn sitzen, kriegen nicht das Mindeste davon mit.“
Die dystopischen Eindrücke, die der Terror in London mit
sich bringt, sind erschreckend. Vermutlich erschreckend real.
Der Verlauf der Geschichte ist von Anfang bis Ende
unvorhersehbar, was der konfusen Geschichte die Krone aufsetzt.
Fazit
Politisch so was von unkorrekt und mit scharfer Zunge auf
den Punkt: Chris Cleave stellt die Gesellschaft so dar, wie sie ist. Durch eine
Heldin, wie es sie noch nie gab, schildert er unverblümt, was alles falsch
läuft. Dass das nicht immer lustig sein muss, ist bei diesem Hintergrund
durchaus verständlich, aber herzhaftes Lachen konnte ich mir während des gesamten
Buches nicht verkneifen, Sarkasmus und schwarzer Humor sei Dank.
Eine Frage stellt sich mir aber noch: Warum kennt anscheinend
niemand dieses großartige Buch?? Von Chris Cleave werden wir in Zukunft sicher
noch einiges hören.
Ach ja, falls das Buch mal verfilmt werden sollte, wünsche
ich mir Cate Blanchett in der Hauptrolle. Sie würde, wie in „Blue Jasmin“, brillieren!!
Edit: Jetzt habe ich gesehen, dass das Buch schon veriflmt
wurde :-(
Hier ist der Link zur IMDb Seite.
Wikipedia zu Osama bin Laden
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